Swayzak: My Favorite Machines


Swayzak lieben Maschinen – und zwar so sehr, dass sie sich gar nicht für ein einzelnes Lieblingsmodell entscheiden mögen. Aber Ableton, Roland und Goldkehlen stehen ganz oben auf ihrer Liste.

Entweder ist es die Müdigkeit nach einem langen Interview-Tag oder einfach Unvermögen sich festzulegen. Jedenfalls herrscht am anderen Ende der Leitung, an dem David Brown, ein Drittel von Swayzak, hängt, erst mal Schweigen. Seine Synapsen arbeiten, meine Telefonleitung knarzt. Was denn sein absolutes Lieblings-Gerät sei, hatte ich gefragt. Immer noch Sendepause. Damit die Schweigeminute endlich aufhört, reden wir erst mal über die Beziehung zum Handwerkszeug im Allgemeinen. Denn das sind Synthesizer und ähnliches ja schließlich für den routinierten Produzenten von elektronischer Musik. Das geht schon besser, es folgt eine längere Hardwareliste, aber so richtig hat David noch nicht verstanden, warum ich ihm mit der Technik komme und wir nicht stattdessen lieber über sein neues Album reden, dass er, James Taylor und Kenny Paterson in der französischen Provinz aufgenommen und dann in London zusammengeschraubt haben. Ich komme ihm stattdessen mit der obligatorischen Frage, lieber Hardware oder Software? David: “Wahrscheinlich wie jeder versuchen wir beides zu verbinden, das jeweils Beste aus beiden Welten rauszuholen. Klar benutzen wir auch nur die Sachen, die jeder kennt und nutzt. Von 808 bis Pluggo über Battery, Reaktor und alles Mögliche von Native Instruments zu Abletons “Live”. Dazu kommen aber eben auch ein paar rare Geräte. Letztlich ist es aber eigentlich egal, was du benutzt. Du kannst dir von den Firmen einreden lassen, dass du den neuesten Scheiß brauchst, oder eben einfach mit dem Atari Musik machen.” Das Beste aus beiden Welten? Das trifft doch genauso auf die musikalische Positionierung von Swayzak zu. Schließlich stand das Londoner Duo – jetzt Trio mit Kenny Paterson – schon immer für die eher aufs kontinentale Europa ausgerichtete Variante englischer Clubmusik. Zwischen detroitiger Wehmut, Vocals mit Anflügen von Pop-Appeal und einem Best-Of aus kickenden Elementen aus minimalem Elektro, Techno und House. Dabei nie wirklich minimalistisch im engeren Sinne, aber im Vergleich zu englischen Kumpels immer noch zartfühlend bis subtil.

Aber auch nicht ohne Macken. So wie ihr Akai-S950-Sampler sich im Live-Einsatz gerne mal an einem Loop festbeißt, so fest hängen Swayzak an ihrer Liebe zu Vocals, die manchmal auch etwas mehr tun, als den Kitsch nur leicht zu tangieren. Jedenfalls scheinen sie mit jedem Album immer mehr ins Zentrum des Interesses zu wandern. Das deutete sich auf ihrem Album “Himawaari” im Jahre 2000 bereits an, steigerte sich auf “Dirty Dancing” und findet nun mit “Loops from the Bergerie” seinen Höhepunkt. Und liegt damit punktgenau auf dem hiesigen Trend weg von der nerdigen Enthaltsamkeit des Minimalismus, hin zu mehr musikalischer Ornamentik. In Form von Zitaten aus frühen House-Tagen einerseits und klaren Pop-Referenzen andererseits. Ein klares Indiz, dass sie ihren scharfen Blick aufs kontinentale Geschehen nicht verloren haben. Was man wiederum auch auf die Technik übertragen kann: Live-Gigs spielen sie u.a. mit Abletons “Live” und liegen damit eher mittenmang im Trend als weit vorne. David: “LIVE ist toll. Wir benutzen es für Gigs und ab und zu auch zum Produzieren. Aber es gibt auch Nachteile: Für die Zuschauer im Club ist das manchmal etwas unspektakulär, wenn man nur hinterm Laptop steht. Auch deswegen benutzen wir es gerne in Kombination mit Hardware-Geräten. Zu Hardware hat man natürlich auch eine engere Beziehung, weil man die Knöpfe anfassen kann … der Roland SH-09 ist da eigentlich mein absoluter Favorit. Super für Bässe! Den hab ich jetzt schon seit 15 Jahren und benutze ihn immer noch.” Aha, jetzt wissen wir also, woher der Swayzak-Kosmos seine Wärme und knackigen Basslines bezieht: Aus einem kleinen Roland Analog-Synth, Baujahr 1978. Das ist natürlich glatt gelogen, sonst hätten Swayzak sich nicht mit einer Handvoll Vokalisten und Gastmusikern einen Monat lang in einem französischen Landhaus in der Bergerie eingeschlossen, ohne “Fernsehen, Handy, Internet, Autos und Nachbarn”, wie David erzählt. Nur die beiden und 40 – 50 musikalische Skizzen, sprich Loops und eben die eingeladenen Künstler. Wenn nicht, um etwas französische Wärme einzufangen und ins kühle London zu schleppen, warum dann? Für die nächste Runde natürlich, denn der Swayzak-Loop wiederholt sich: raus aus London, mal was anderes ausprobieren. Der Loop bleibt tight, Swayzak sich treu.

Dieser Artikel erschien im Magazin DE:BUG.

 


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