Phonique: Zwei in eins


Berlins Phonique legt sein erstes Album vor. „Identification“ heisst es viel versprechend und erscheint auf Dessous. Wir klettern hinter die Kulissen und schauen nach, wer da so alles seine Finger im Spiel hatte und treffen dabei auf einen alten Bekannten.

Geh in den Club und dir fliegen die Sägezahnbasslines um die Ohren, mal trocken, mal überschwänglich, Hauptsache knarzig. Das hindert Phonique nicht daran, ein aufgeräumtes, aber deepes House-Album an den Start zu bringen, das überflüssige Quasten von House links liegen lässt und dafür auch mal gerne in andere Genres reinwuchert. Jetzt wo man gerade dachte, es wird etwas ruhiger. Pustekuchen. Losoul hatte vorgelegt, Phonique legt charmant nach. Was Losoul mit weirden Klängen aus House rauskitzelt, das macht Phonique eben mit luftigen, sweeten Sounds. Wo Losoul sich mit emotionalen Referenzen verortet, spannt Phonique auch mal Fäden rüber zu Oldschool-House und Disco – zwei Begriffe bei denen es in letzter Zeit einen Hauptverdächtigen gibt: Tigerskin, aka Dub Taylor, der ja mit seinem Album “Back in the Days” auf frivolste Art und Weise durch die Oldschool-House-Kiste gerauscht ist und dabei jede Menge Anknüpfungspunkte zwischen heute und den frühen 90ern hat mitgehen lassen. Und siehe da, wer saß neben Phonique auf dem Produzentensessel? Eben dieser Alex “Tigerskin” Krüger.

Und auf einmal erklären sich die Oldschool-Zitate, die sweeten Chords und ach ja, die 303. Kennen wir die nicht irgendwoher? Das wäre natürlich hoch gepokert: Sein Album “Identification” nennen und damit das Bild des Künstlers, der sich im Schweiße seines Angesichts sein Werk aus den Rippen seiner Identität schneidet, zu beschwören und dann nur im Sessel sitzen und lässig den Produzenten mit Hinweisen à la “Mach mal die HiHats lauter” dirigieren und hinterher die Lorbeeren kassieren. Skandal. Oder ist alles vielleicht doch ganz anders?

Debug:
Du hast das Album mit Alex Krüger / Dub Taylor zusammen produziert – wie war die Arbeit mit ihm?
Phonique:
Mit Alex arbeite ich ja im Grunde genommen fast bei allen meiner Tracks zusammen – abgesehen von den Stücken, die ich wiederum mit anderen wie Dixon, Martin Landsky, Meitz, Duriez & Weeks oder Steve Bug produziert habe. Unsere Zusammenarbeit verläuft sehr reibungslos wenn wir uns einmal die Woche zum Musizieren bei ihm treffen…

Debug:
Hört man Alex nicht doch teilweise etwas sehr deutlich raus?
Phonique:
Das mag von außen teilweise so wirken, aber manchmal ist es sicher auch andersrum. Anfang 2003 bin ich mal ins Studio gekommen und hatte einfach Lust, mit Originalsounds früher Housemusik einen Track zu machen. Oft bekam ich dann von Alex zu hören: “So was hab ich doch schon vor fünf Jahren gemacht”, manchmal ist er aber auch begeistert. Ich glaube, dass die damals produzierte Nummer – “Where the Party’s at” auf Crosstown Rebels – Ursache für ihn war, Tigerskin zu starten, da er selber wieder seine Leidenschaft für solche Oldschool-Sounds entdeckt hat.

Debug:
Er selber sagt ja, dass er nur ein paar Sekunden braucht, um sich für einen Sound zu entscheiden, hat er dich mit seinem Überschwang auch manchmal überrumpelt? Musstest du ihn manchmal bremsen?
Phonique:
Das ist gerade das, was mir an der Zusammenarbeit mit Alex gefällt: Wenn ich mal nicht weiterkomme, hat er jederzeit ‘ne Idee parat. Man muss allerdings wirklich darauf achten, sich nicht zu sehr mitreißen zu lassen. Ich entscheide ja letztlich, was wie unter “Phonique” rauskommen soll. Es kommt auch schon mal vor, dass wir ein Stück abschließen, ich zufrieden bin, dann aber in der folgenden Woche merke, dass mir irgendwas nicht passt – dann wird das bei der nächsten Session halt geändert.

Die Welt ist also doch noch in Ordnung, samt Künstler-Ethik. Phonique hat alle Fäden in der Hand und Alex Krüger die Finger an den Knöpfen und der Rest der Welt? Ein schönes House-Album mehr. Was sind schon Namen, wenn man ein paar schöne Tracks haben kann.

Dieser Artikel erschien im Magazin DE:BUG.

 


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