Prophet 5: Creamware ASB Pro-12 und Arturia Prophet V im Vergleichstest


Legendäre Analog-Synthies als Echtholz-Metall-Hardware oder als Software mit Eiern, die Neuauflagen des Prophet 5 hauen so oder so rein.

ASB Pro-12
ASB Pro-12

“Wir spielen die Maschinen und die Maschinen spielen uns” – so oder so ähnlich lautet ein gerne kolportiertes Kraftwerk-Zitat. Und da ist was dran, also frag dich, welcher Typ du bist: Willst du Sex mit der Maschine, Knöpfe zum Anpacken, Nussbaum-Holz mit Rocker-Charme inklusive? Oder bist du der sophisticatete Pixellover, der die Modulationsmatrix lieber auf dem Bildschirm hat, den Laptop cool auf dem Schoß und die Mouse fest in der Hand? Für beide wurde jetzt ein echter Analog-Veteran neu aufgelegt: Der Prophet 5 von Sequential Circuits, neben dem MiniMoog eine der Vintage-Synth-Legenden schlechthin.

Von Creamware gibt’s ihn als solide Metallbox mit Holzbeschlägen, ASB Pro-12 genannt. Arturia bietet die Pixelvariante, nicht minder sexy heißt sie Prophet V – V wie virtuell, nicht wie fünf, versteht sich. Rocken tun sie beide, so viel ist sicher. Der Rest ist Geschmackssache.

ASB Pro-12: Virtuell-analog, aber mit Eiern

Der Pro-12 ist ein Gerät zum Anpacken, so viel steht fest. Solide verarbeitet, ordentliche Knöpfe, stabiles Metallgehäuse mit schicken Echtholzbeschlägen, da lacht das Schrauberherz schon bevor der erste Ton erklungen ist. Der haptische Eindruck reizt die Vintage-analog-Schiene bis zum Anschlag aus, da mag man kaum glauben, dass hier ein virtuell-analoger Kollege vor einem steht, in dessen Innern ein DSP vor sich hinwerkelt.

Bedien- und Klangarchitektur

Das Layout der Bedienelemente hält sich nahe am Original, nur eben etwas kompakter. Alles wirkt sehr auf das Wesentliche reduziert. Dazu das Display mit roten Leuchtziffern und ganzen drei Zeichen und einfache on/off-Schalter mit roten LEDs – Schnickschnack? Fehlanzeige. Das gilt auch für die Klangarchitektur: zwei Oszillatoren mit den Wellenformen Sägezahn und Rechteck mit variabler Pulswelle, ein LFO, dazu der knackige Filter. Plus noch die Möglichkeit, die Oszillatoren und den Filter durch Oszillator Nummer zwei oder die Filterhüllkurve antriggern zu lassen. Insgesamt stehen zwölf Stimmen zur Verfügung, ein Multimode zur Wiedergabe mehrerer Sounds gleichzeitig ist jedoch nicht vorhanden. Dafür wurden noch ein paar Extras eingebaut, die das Original vermissen ließ, etwa ein regelbarer Keyboard-Amount für das Filter oder die Möglichkeit, die Filterhüllkurve zu invertieren. Am Ende des Signalweges steht dann die überschaubar gehaltene Effekt-Sektion. Hier hat man sich auf die Basics konzentriert, also Brot-und-Butter-Effekte von solider Qualität zum finalen Aufhübschen der Sounds.

Virtuell-analog und bissig

Was sich schon im äußeren Erscheinungsbild andeutete, setzt sich dann auch akustisch fort: Der Pro-12 ist ein virtuell-analoger Synth, aber einer mit Eiern. Sprich: Die Sounds packen an den richtigen Stellen zu, haben Druck und Biss und klingen ob ihrer DSP-Herkunft erstaunlich roh und ja, irgendwie analog. Hie und da hört man zwar dann doch die digitale Natur etwas durchschimmern, das tut dem Spiel- und Hörerlebnis jedoch keinen Abbruch. Die Bass-Sounds brachten jedenfalls meinen Subwoofer ordentlich in Erdbebenlaune. Die Leads klingen ausdrucksvoll und wenn gewollt von schneidend scharf bis britzelig elektrisierend. Allen Sounds gemein ist eine große Präsenz und Durchsetzungsfähigkeit, auch wenn man manchmal den Eindruck hat, dass bei all der Klarheit untenrum manchmal noch etwas mehr Wärme wünschenswert wäre, aber das fällt bei dem durchweg positiven Gesamteindruck kaum ins Gewicht.

Es ist angerichtet …

Bei der Preset-Programmierung hat man das große Vorbild von Dave Smith fest im Blick, wobei ich mir nicht anmaßen möchte, den Authentizitätsgrad der einzelnen Sounds im Vergleich zum Original zu bewerten. Hier streiten die Experten, welche Prophet-Baureihe mit welchen Bauteilen – Rev2 oder Rev3 – die beste sei, da halte ich mich lieber bedeckt, zumal ich kein Original-Gerät hier auf dem Tisch stehen habe. Nur so viel: Die 127 Werkspresets machen Spaß, decken die verschiedenen Klangkategorien überzeugend ab, und bei einem Interface, das derart verführerisch zum Knöppedrehen verleitet, sind die 127 Slots für eigene Sounds sicher bald mit eigenen Klangkreationen gefüllt.

Fazit

Creamware ist mit dem Pro-12 ein Produkt gelungen, das man beinahe augenblicklich ins Herz schließt, sei es weil es durch sein gelungenes Äußeres eine immense Spielfreude produziert oder weil einen der einfache, aber zupackende Klang überzeugt. Der einzige Kritikpunkt meinerseits: Wenn man die Presets wechselt, wird oft der erste angespielte Ton leicht abgeschnitten, so als ob die Engine dem Soundwechsel einen Tick hinterherhängen würde. Das ist aber nur ein leicht verschmerzbares Minimini-Manko angesichts des sehr überzeugenden Gesamtauftritts. Zu diesem trägt auch bei, dass man den Pro-12 über USB auch per Software ansteuern kann und somit Zugriff auf einige Parameter mehr hat als über das reine Hardware-Interface. Aber das gehört ja heutzutage schon fast zum guten Ton, sollte es zumindest. Eines hat Creamware mit dem Pro-12 auf jeden Fall bewiesen: So sexy können virtuell-analoge Synthies sein.

PS: Der neueste Streich von Creamware hört auf den Namen “System1200″ – hier wurden der Pro-12 und der Minimoog-Nachbau “ASB Minimax” in einem schicken Gehäuse miteinander verbunden. Geballte Vintage-Power in “feurigem Mausgrau” (Zitat Dirk Matten, Creamware), der nächste Besuch bei eurem Fachhändler des Vertrauens dürfte spannend werden, Kreditkarte also besser zu Hause lassen.

Dieser Artikel erschien in der DE:BUG.


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